(RED) Der Bürgerhaushalt findet in Stuttgart bereits zum fünften Mal statt - und hat sich als bewährtes Mittel einer erfolgreichen Bürgerbeteiligung in der Landeshauptstadt bzw. in Deutschland etabliert. Beim letzten Bürgerhaushalt beteiligten sich 51,875 Stuttgarter, in 2019 läuft derzeit die Bewertungsphase, sie wird am 1. April abgeschlossen. Ein neues Instrument des Bürgerhaushaltes sind Diskussionsabende in den Stadtbezirken - in Weilimdorf fand dieser am 14. März statt.
Groß war der Andrang zur Diskussionsveranstaltung allerdings nicht. Nur sieben Weilimdorfer Bürger und Bürgerinnen fanden den Weg in den großen Sitzungssaal, diskutierten jedoch mit Bezirksvorsteherin Ulrike Zich und dem für Weilimdorf zuständigen „Bürgerhaushalt-Multiplikator“ Maximilian Heinzmann mehr als eine Stunde lang ihre haushaltsrelevanten Wunschthemen, die im Bürgerhaushalt 2019 als Vorschläge derzeit zur Abstimmung stehen: so u.a. das Schwimmbad, einen Reisemobilstellplatz im Gewerbegebiet, mehr Zebrastreifen im Stadtbezirk - und das Bürgerhaus.
Die Diskussionsteilnehmer sehen vor allem einen dringenden Bedarf für Schwimmflächen im Stadtbezirk, dem Bezirksvorsteherin Ulrike Zich nur beipflichten konnte: „Der Bäderentwicklungsplan 2030 hat für Weilimdorf einen weißen Fleck in der Schwimmflächenversorgung festgestellt. Allerdings zielt diese Bezeichnung mehr auf das Schwimmenlernen durch die Schüler ab, nicht auf den Bedarf für Freizeit-, öffentliche Hallenbäder oder ein Thermalbad“. Bereits im Februar auf der Sitzung des Bezirksbeirates war dies ein Anliegen der Bezirksbeiräte (weilimdorf.de berichtete). Ob es je ein Schwimmbad, sei es auch nur ein Lehrschwimmbecken, im Stadtbezirk geben wird, ist am Ende auch eine Frage, was mit dem Gelände an der Solitudestraße zwischen Jugendhaus (VVS-Haltestelle Wolfbusch) und dem Walz-Areal (VVS-Haltestelle Bergheimes Hof) passiert. Während der Bereich zwischen Jugendhaus und der Fläche mit den Flüchtlingsheim-Interimsbauten Dank eines bestehenden Bebauungsplanes dem Gemeinwesen vorbehalten ist, sowie der Bereich vor dem Gelände der SG Weilimdorf als Sportfläche definiert ist (und somit nur hier ein kleines Bad möglich wäre), ist die Fläche des Walz-Areal im Bebauungsplan als „landwirtschaftliche Fläche“ definiert - es unterliegt derzeit also einem Bauverbot. Zudem handelt es sich hier um Privatgrund - den sich mehrere Eigentümer teilen. „Wir werden das Walz-Areal am 20. März im Bezirksbeirat ausführlichst diskutieren!“, so Zich zu den Diskussionsteilnehmern. „Alles ist nach dem Rückzug der SSB aus der Fläche wieder möglich, wir werden über alles reden und Ideen sammeln“. Denn egal was man beschließt: das Walz-Areal bräuchte bei jeder Planung eine Abänderung des Bebauungsplanes, bei dem alle Anwohner mitreden, aber auch Einspruch einlegen dürfen. „Ich mache hier keine Hoffnung auf eine schnelle Lösung, das wird sehr viele Jahre brauchen“, so Zich auf Nachfrage, ob hier in zwei bis drei Jahren was passieren könnte.
Zustimmung fand die Idee und Besprechung des Vorschlags „Reisemobilstellplatz bauen“ (Nr. 52333) von Ewald Benninger. „Ich bin selber Wohnmobilbesitzer und reise gerne. Was Stuttgart fehlt, ist ein großer Stellplatz für die Reisemobilisten. Ein Reisemobilstellplatz würde im Gewerbegebiet sicherlich problemlos einsichtbar sein. Die Autobahnen sind nahe, die S-Bahn-Haltestelle ebenso - es wäre ein touristischer Zugewinn für Stuttgart!“, so Benninger seinen Vorschlag erläuternd. Auch Bezirksvorsteherin Ulrike Zich befand die Idee gut: „Das vorgeschlagene Quartier ist nicht uninteressant, zumal auch der SSB-Betriebsbahnhof in naher Zukunft da sein wird. Die Stadt Stuttgart kann aber nur beratend ein solches Projekt für Wohnmobile unterstützen. Immerhin stehen ja bei einem solchen Gewerbebetrieb auch Gewerbesteuereinnahmen in Aussicht. Ausführen wie bewirtschaften muss dies ein privater Investor bzw. ein Grundstücksbesitzer im Gewerbegebiet.“
Gut passte die mitten in die Diskussionsrunde fallende Nachricht aus dem Stuttgarter Gemeinderat, dass einstimmig der Baubeginn für die Sanierung des „historischen Ensemble“, das alte Rathaus wie Schulhaus, beschlossen wurde: „Endlich!“, atmete Bezirksvorsteherin Ulrike Zich auf. Die rund drei Millionen teure Sanierung lenkte den Diskussionsfokus auf einen weitere Vorschlag im Bürgerhaushalt: „Planung eines Bürgerhauses für Weilimdorf ist überfällig!“, die Nr. 50003 des Forum Weilimdorf. „Wir haben zwar die Lindenbachhalle als Versammlungsort, aber sie ist zugleich Sporthalle der Reisachschule und der Seelachschule, liegt mitten im Wohngebiet und ist daher nach 22 Uhr kaum mehr benutzbar, zudem ist die Halle sehr groß mit ihrem Platzangebot für rund 500 Sitzplätze. Sehr viel Fläche, wenn es darum geht, für kleinere Vereine Räumlichkeiten in einer sinnvollen Größe zur Verfügung stellen können.“, so Zich. Auch wenn nun in naher Zukunft das „historische Ensemble“ für das Gemeinwesen wieder zur Verfügung stehen wird: die dortigen Räume sind zu klein. „Wir brauchen eine Art Bürgerhaus für Veranstaltungen mit bis zu 250 Teilnehmern. Nach der Lindenbachhalle ist der Sitzungssaal hier im Bezirksamt derzeit das größte an Fläche für das Gemeinwesen, was der Stadtbezirk im Angebot hat. Das ist zu wenig“. Somit schließt sich hier wiederum der Kreis der abendlichen Diskussion und man landet neuerlich auf den Flächen an der Solitudestraße zwischen Jugendhaus und Walz-Areal. „Dort haben wir zwei VVS-Haltestellen, es liegt zentral im Stadtbezirk, mit dem Auto kann man ebenso kommen, Anwohner leben weit genug entfernt. Das Gelände wäre ideal für ein Bürgerhaus geeignet“, so Zich.
Um seinen Vorschlag im Bürgerhaushalt Stuttgart die nächsten zwei Wochen noch mehr bekannt zu machen und die Weilemer den Klick bei „für unsere Stadt ist der Vorschlag gut“ zu bewegen, gab Ulrike Zich auf Frage von Nadine Jakob zu ihrem Vorschlag für mehr Zebrastreifen im Stadtbezirk den Tipp, die durch das Bezirksamt Weilimdorf ausgegebenen Unterschriftenlisten zum Bürgerhaushalt öffentlich auszulegen - aber nur dort, wo es der Geschäfts- oder Hauseigentümer vorher erlaubt hat. Gleiches gilt für die Postkarten, auf denen man seinen Vorschlag mit der Nummer eintragen kann. „Aber bitte keine Plakate aushängen, dafür gibt es keine Genehmigung! Jedoch sein Anliegen im Freundes- wie Bekanntenkreis zu besprechen, per Einwurf im Briefkasten oder sich am Freitag beim Markt direkt am Eingang des Bezirksamtes hinzustellen und das Projekt interessierten Marktbesuchern vorzustellen - das geht!“, so Zich.
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Bis 1. April haben nun die Stuttgarter online wie per Postkarte oder Unterschriftenliste Zeit die Vorschläge zu bewerten. Die 100 best-bewerteten Vorschläge werden von den Fachämtern geprüft. Der Gemeinderat entscheidet schließlich, welche Vorschläge umgesetzt werden. Des weiteren werden die zwei bestbewertesten Vorschläge je Stadtbezirk berücksichtigt, sowie die „Prio-Liste“ des jeweiligen Bezirksbeirates. Man darf also gespannt sein, welche Vorschläge aus und für Weilimdorf am erfolgreichsten - und mit Glück auch in die Umsetzung kommen.